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Kaufen für die Müllhalde
Ein früher Verschleiß ist bei zahlreichen Produkten durch
Sollbruchstellen vorprogrammiert. Sei es eine Autokarosserie, die schnell
rostet, oder seien es Glühbirnen, Computer oder Handys. Die Kunden
sollen ein defektes Gerät nicht reparieren lassen. Sie sollen das
Altgerät entsorgen und sich ein neues anschaffen. Eine Abhilfe liegt
häufig wie bei Autokarosserien offen auf der Hand. Autokarosserien
müssen nur wie die Spülen unserer Küchen aus Edelstahl gefertigt
werden. Denn Spülen rosten nicht. Doch die verkürzte Lebensdauer ist
beabsichtigt. Wirtschaftsfachleute nennen sie "geplante Obsoleszenz". Die Dokumentation
von Cosima Dannoritzer "Kaufen für die Müllhalde" geht diesen
Vorgängen nach und wirft einen Blick auf die Folgen der modernen
Wegwerfgesellschaft.
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Bei den meisten Produkten ist eine verkürzte Lebensdauer bereits geplant. Nylonstrümpfe, Autos,
Glühbirnen, Drucker und Mobiltelefone sind hier nur wenige Beispiele. Konsum, das heißt
Verbrauch. Und eine Konsumgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der die meisten Gebrauchsprodukte durch
"Sollbruchstellen" auf die Ebene von Verbrauchsprodukten abgestuft werden. Die Verbraucher
sollen veranlasst werden, lieber neue Artikel zu kaufen, als defekte reparieren zu lassen. Diese bewusste
Verkürzung der Lebensdauer von Gebrauchsgüter, nennt man "geplante Obsoleszenz".
Dies soll die Nachfrage steigern und die Wirtschaft in Schwung halten. Und da die meisten
Gebrauchsgüter naturgemäß länger halten, haben die Verantwortlichen in Industrie und
Wirtschaft ein wenig nachgeholfen. Eine Werbezeitschrift schrieb bereits 1928: "Ein Artikel, der
sich nicht abnutzt, ist eine Tragödie fürs Geschäft".
Die Dokumentation erzählt die Geschichte der geplanten Obsoleszenz. Gestützt wird sie auf eine
Recherche, die mehr als drei Jahre dauerte. Die Schaffung eines Kartells, welches die Lebensdauer von
Glühbirnen begrenzte, ist in den 20er Jahren ihr Ausgangspunkt. In den 50er Jahren gewinnt sie
schließlich mit der Entstehung der Konsumgesellschaft weiter an Boden.
Viele Verbraucher wollen sich heute nicht mehr mit diesem System abfinden. Denn die Folgen sind nicht
nur eine rücksichtslose Ausbeutung der Rohstoffe dieses Planeten, sondern auch die verheerende
Umweltzerstörung, die uns zunehmend als Menschen und vor allen unsere Kinder trifft. Als Beispiele
hierfür zeigt die Dokumentation die riesigen Elektroschrottdeponien im Umkreis der ghanaischen
Hauptstadt Accra. Leider fehlt dem Film ein Blick auf die Flüsse Mitteleuropas, um die
Umweltzerstörung auch in unserer Heimat aufzuzeigen. Denn gewerblicher Fischfang kann dort wegen
der großen Schadstoffbelastung schon seit Jahrzehnten mehr betrieben werden. Auch unsere unmittelbare
Lebenswelt ist von der zunehmenden Vergiftung betroffen.
Cosima Dannoritzer stellt aber auch Lösungsansätze von Unternehmern vor, die alternative
Produktionsweisen entwickeln. Zudem mahnen Intellektuelle, die Technik möge sich auf ihre
ursprüngliche Aufgabe zurückbesinnen. Das Ziel müsse die dauerhafte Erleichterung des Alltags
sein, ohne dass wir die gleichzeitige Verwüstung unseres Planeten einleiten.
Sehr gut beleuchtet sie die Debatte, die zwischen den Führern der Industriekartelle und den
Ingenieuren zu Anfang der geplanten Obsoleszenz entbrannte. Viele der Ingenieure sträubten
sich zunächst, kurzlebige Industrieprodukte herzustellen. Doch die Machtverhältnisse in unserer
Gesellschaft besitzen ihr eigenes Gewicht. Fast alle Ingenieure und Techniker sind nicht vermögend, so
dass sie zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes gezwungen sind, die technischen Entwicklungen entsprechend
den Wünschen ihrer Arbeitgeber zu leisten. Darin sind die Vorgaben für die Lebensdauer schon
enthalten. Die Verantwortlichen sind somit bei den Wirtschaftsfachleuten, Managern und Eigentümern zu
suchen, die es geschafft haben, die offenen oder verdeckten Kartelle aufzubauen, von denen wir alle
abhängig sind.
Unter diesem Blickwinkel ist die Arbeit von Cosima Dannoritzer bemerkenswert und zeugt von
außerordentlichen Mut, da auch sie diesen Mechanismen des Gelderwerbs unterliegt. Sie untermauert eine
1992 veröffentlichte Arbeit von Darwin Dante. Dieser wies in einer volkswirtschaftlichen Analyse
für die Bundesrepublik Deutschland nach, dass die Menge der Arbeit, die durch die verkürzte
Lebensdauer von Industrieprodukten verursacht wird, für jeden Arbeitnehmer bei etwa 7 Stunden
wöchentlich liegt, wenn diese auf eine 40 Stundenwoche hochgerechnet und auf alle Arbeitnehmer
verteilt wird (siehe:
Die 5-Stunden-Woche, Kapitel 4).
Das heißt, wir alle arbeiten von
durchschnittliche 40 Stunden pro Woche allein 7 Stunden für die Müllhalde, da uns die kurze
Lebensdauer unserer Gebrauchsgüter dazu zwingt, erheblich mehr von ihnen herzustellen.
Über diesem Wege möchten wir Cosima Dannoritzer darauf aufmerksam machen, dass die Umstellung auf
den Energieträger Wasserstoff ein ähnlich brisantes Umweltschutzthema wäre. Mit Wasserstoff
lassen sich Kraftwerke zur Gewinnung von Elektrizität oder auch Autos betreiben und bei der
Verbrennung von Wasserstoff entsteht nur Wasserdampf. Die Umstellung auf diesen Energieträger würde
die weltweiten Energieprobleme lösen. Denn Wasserstoff lässt sich gemessen an unseren heutigen
Energiebedarf in praktisch unbegrenzten Mengen gewinnen. Die Umstellung ist schon seit 1975 technisch
im großen Stiel möglich. Würde sich eine Filmautorin oder ein Filmautor dieses Themas annehmen,
so würde vermutlich derselben Kreis von Verantwortlichen zum Vorschein kommen, der auch die heutige
Konsumgesellschaft inszeniert hat.
Stand: 07.03.2011
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